Das mit Spannung erwartete neunte Album „Paul“ vom wohlbekannten Paul Würdig, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Sido, ist endlich da. Auch auf der neuen Studioplatte zeigt sich, dass die wilde Sturm-und-Drang-Zeit der Berliner Rap-Legende in der Vergangenheit liegt. Das bedeutet allerdings nichts Negatives. Nur, dass Sido eben schon lange nicht mehr der pöbelnde Straßenrüpel-Rapper ist.

Bereits auf den letzten Alben, vor allem aber auf dem Vorgänger „Ich und keine Maske“, präsentierte der Musiker einen gesetzteren, erwachsenen Sido, der einfach sein Ding macht – mit frischen Lines und eingängigen Beats. Auf „Paul“ geht er noch einen Schritt weiter und lässt tief blicken, tief in sein Seelenleben. Ja, es ist ohne Frage sein bisher persönlichstes Album. Auf diesem verarbeitet der 42-Jährige seine letzten Jahre, die alles andere als einfach waren.

So rappt er wie beim Track „Rollender Stein“ über seine Trennung von Moderatorin Charlotte Engelhardt sowie seinen Kids. Mit dem Track „Versager“ blickt er dann zurück in seine Kindheit, in der er ohne Vater aufgewachsen ist. Es geht aber auch um seinen exzessiven Drogenkonsum der letzten Jahre, Drogenentzug und Therapie. Diese emotionale musikalische Vergangenheitsbewältigung  startet passend mit einer Therapiesitzung als Intro.

Als Sido an der Reihe ist, geht es los mit dem ersten Track „Atmen“. Insgesamt erwarten euch 13 neue Tracks exklusive Intro, auf denen Sido zeigt, dass er immer noch zur Spitze im Deutsch-Rap gehört und sich zudem immer noch total auf Augenhöhe mit all den Rap-Hypetrains befindet. Spannend zu hören, dass Sido auf „Paul“ noch mehr sein eigenes Ding fährt als zuvor. Herausgekommen sind Tracks, die sehr emotional sind und zum Nachdenken anregen.

Zu durchweg eingängigen Melodien, wobei es gerade im zweiten Teil der Platte musikalisch recht experimentell zugeht. Auch dass zum Ende Dance-Sounds dabei sind, wie beispielsweise beim Track „Irgendwo“ oder „Medizin“, wird nun nicht jeden Rap-Fan aufjubeln lassen. Unterstützung erhielt Sido auf „Paul“ indes durch Estikay, Jamule, Tarek von K.I.Z. und Karen sowie Bozza. Gerade die beiden Letztgenannten harmonieren grandios mit Sido zusammen. Die Highlights der Platte sind indes ganz klar „Unten/Oben“, „Sterne“ „Atmen“, „Rollender Stein“, „Wenig königlich“ und „Zwischen den Wolken“.

Nimmt man den neuen Dreher „Paul“ als Ganzes, so überrascht Sido musikalisch immer mal wieder auf der Platte. Das ist letztendlich überaus unterhaltsam mit einigen richtig starken Hits. Wir ziehen jedenfalls den Hut für diese intensive, mitreißende Selbstreflexion und den musikalischen Blick hinter die Sido-Maske auf den Menschen Paul.

Sido - Paul (Universal Music) // VÖ: 09. Dezember 2022

Tracklist: Intro, Atmen, Versager, Rollender Stein, Gar nicht mal so glücklich (feat. Estikay), Unten/Oben (feat. Karen), Zwischen den Wolken (feat. Karen & Tarek K.I.Z), Wenig königlich, 3 Monde, Medizin (feat. Jamule), Sterne (feat. Bozza),
Irgendwo, Liebst du Mich, Mit dir