Liebe auf den zweiten Blick„Steelrising“ im Test für Xbox Series X
„Steelrising“ orientiert sich augenscheinlich vor allem an „Bloodborne“ und kommt von daher deutlich flinker und flotter daher, als das vergleichsweise träge „Dark Souls“. Hinzu kommt noch eine Prise „Nioh 2“, welches unter den mittlerweile zahlreichen „Soulsborne“-Vertretern einen zurecht guten Ruf genießt.
Wie es sich in dem Genre gehört, wird die Kampfdynamik von einem Ausdauerbalken bestimmt, der sich mit jeder Aktion ein Stück erschöpft. Cooles Detail: Neigt sich die Ausdauer ihrem Ende zu, beginnt eine Art Batterie an Aegis Rücken zu überhitzen, bis sie schließlich mit einem Zischen ihren Geist aufgibt.
Während das Teil wieder abkühlt, kann Aegis weder angreifen noch ausweichen, allerdings besteht die Möglichkeit, den Balken mit einem Knopfdruck im richtigen Moment wieder zu füllen – je nach Timing mehr oder weniger. „Nioh 2“-Spieler kennen das Feature, welches ein wenig an das aktive Nachladen aus der „Gears of War“-Reihe erinnert.
Zwar erleidet Aegis dadurch etwas Frostschaden, was sie bei wiederholter Ausführung kurzzeitig einfrieren lässt, mit ein bisschen Erfahrung lernt man das System aber zu nutzen und zu schätzen, ermöglicht es bei geschicktem Einsatz doch enorm lange Angriffsketten gegen die vielgesichtige Gegnerschaar.
Das Design der Feinde, und auch der eigenen Figur, ist dabei das auffälligste Merkmal von „Steelrising“. Da wir uns erst in den Anfängen der Industrialisierung wähnen, erscheinen die Maschinen einerseits grob, der teils pompösen Detailverliebtheit der Epoche entsprechend wiederum auch besonders fein. Ein Widerspruch, der im Steamclock-Bereich erstaunlich gut zusammenfindet und Steelrising eine ganz eigene Note verleiht.
So ist Aegis als Tänzerin eine äußerst elegante Gestalt aus wehrhaftem Metall und zerbrechlich wirkendem Porzellan, die sich ihrer mechanischen Natur entsprechend ungewohnt steif bewegt. Ein Umstand, der sich auch in der Steuerung bemerkbar macht, an die man sich zunächst einmal gewöhnen muss. Spätestens, wenn man nach dem Sieg über die ersten Obermotze weitere Fähigkeiten, wie den Air-Dash oder einen Enterhaken bekommt, offenbart sich aber das wahre Bewegungspotenzial des Automaten und die Kämpfe bekommen tatsächlich etwas Tänzerisches.
In Kisten versteckt oder in der am Speicherpunkt zugänglichen Boutique zu kaufen, bietet „Steelrising“ zwar nur eine überschaubare Anzahl an Waffen, die dafür aber recht originell daherkommt. Jedes Kampfgerät verfügt neben schweren und schnellen Angriffen über eine Zweitfunktion. So könnt ihr mit der Hellebarde beispielsweise Munition verschießen, die ihr in rauen Mengen von den Gegnern erbeuten oder finden könnt, oder einen klingenbewehrten Fächer als Schild benutzen.
Die Wahl der Waffen bestimmt entsprechend maßgeblich den Kampfverlauf und lässt Schildträger mit Bedacht vorgehen, während sich risikofreudige Naturen an Konterattacken versuchen. Wieder andere Spieler umrunden den Feind mit flinken Ausweichmanövern und setzten auf die Technik der vielen Nadelstiche.
Ergänzt wird das Ganze durch vier aufrüstbare Slots, in denen Module unterschiedlicher Wertigkeit für passive Fähigkeiten Platz finden. Darüber lässt sich beispielsweise ebenso die Panzerung wie auch die Wirkung von Elementarwaffen für Taktiker stärken, um damit die eigene Spielweise weiterhin zu betonen.
So schwer, wie es die Anfangsstunden vermuten lassen, bleibt es aber nicht. Die Gegner agieren nicht besonders schlau und sind schnell durchschaut, mit den massig vorhandenen Granaten oder Projektilwaffen kann man selbst Bossgegner bequem aus der Ferne fällen und neben den Standardheiltränken, führt man bald eine große Menge weiterer Fläschchen mit sich. Allerdings hatten wir bis zum Schluss immer wieder Probleme, die Distanzen sowohl der gegnerischen als auch der eigenen Attacken richtig einzuschätzen. Hier merkt man dann eben wieder, wie unfassbar präzise das große Vorbild programmiert wurde.