Das ist gut:

Ihr seht schon: Die Storyline von „Like a Dragon“ erzählt sich serientypisch nicht mal eben so nebenbei, zumal sich das Spiel selber auch exorbitant viel Zeit nimmt, die Figuren einzuführen und näher zu beleuchten. Dabei beweist sich nicht nur der Mut der Macher, dem Spieler eine Geschichte mit fast schon literarisch zu nennenden Ausmaßen zu erzählen, sondern auch das Können der Schreiber, ein glaubwürdiges Beziehungskonstrukt aufzubauen, gnadenlos wieder einzureißen und von vorne anzufangen. Denn im Gegensatz zum eigenbrötlerischen Kazuma ist Ichiban nicht alleine.

Ichiban ist nämlich ein absoluter „Dragon Quest“-Fanboy, was bedeutet, er steht total auf Rollenspiele. Da er wie gesagt etwas irre ist, sieht er die Welt auch als ein solches, was nicht nur zur Folge hat, dass Ichiban sich selber als Held versteht, sondern auch, dass die Kämpfe in besten Rollenspielmanier ablaufen. Und damit nicht mehr in Echtzeit, sondern rundenbasiert per Menü.

Anstatt also wie bisher eigenhändig die Gegner zu vermöbeln, wählt ihr nun in aller Ruhe nacheinander die Befehle für die Mitglieder eurer Party, wobei Ichiban als fester Anführer gesetzt ist. Eure Mitstreiter versammelt ihr im Laufe des Spieles um euch, wobei diese ähnlich wie Ichiban gescheiterte Existenzen abbilden, anstatt euch die üblichen Strahlemänner und -frauen zu servieren.

So ist Nanba zum Beispiel ein Obdachloser, der Ichiban als ehemaliger Krankenpfleger zu Beginn des Spieles in einem Verschlag zwischen Müllbergen wieder zusammenflickt, während es sich bei Adachi einen in Ungnade gefallenen Ex-Cop auf Rachefeldzug handelt. Ihrer Profession entsprechend kämpfen diese dann auch mit einem alten Regenschirm oder Schlagstock, fungieren als Heiler oder Tank, allerdings lassen sich sowohl Ausrüstung als auch die Job-Klasse austauschen und verbessern. Ganz Rollenspiel halt.

Mit zunehmendem Erfahrungspunkte-Konto werdet ihr stärker und erlernt immer mehr Fähigkeiten, deren Einsatz MP kostet. Während die Standardschläge wenig spektakulär nur geringen Schaden verursachen, ersetzten diese Spezialattacken die teils furios in Szene gesetzten und vollkommen überzogenen Manöver und Kombos der Brawl-Vorgänger. Auch punktefressende Teamaktionen sind möglich, die gehörig an der Lebensleiste der Gegner zehren.

Diese bewegen sich durch die Kampfarena und können dadurch eure Attacken auf ein anderes Ziel unterbrechen, wenn ihr ungünstig steht, sich dafür aber auch für flächendeckende Attacken angreifbar machen, wenn ihr diese im richtigen Moment zündet. Statusverändernde Angriffe sind dabei ebenso möglich wie Buffs der Gruppenmitglieder und der Einsatz von Gegenständen im Inventar. Sogar enorm mächtige Summons sind über eine spezielle Smartphone-App gegen Bares möglich.

Das alles mag nun vielleicht etwas kompliziert klingen, gestaltet sich für Rollenspielverhältnisse jedoch vergleichsweise seicht, sodass auch „Dragon Quest“-Unkundige das Kampfsystem rasch verstanden haben.

Abseits der Kämpfe gibt sich „Yakuza: Like a Dragon“ dann aber doch wieder ganz klassisch. Abermals lassen sich zig Nebenquests aufspüren, die mal absurde, mal komische, vollkommen bescheuerte, zuweilen aber auch tragische kleine Geschichten erzählen, die euch nicht nur mit Gegenständen belohnen, sondern je nach Handlungsweise auch Ichibans Charakter beeinflussen.

Des Weiteren könnt ihr euch an einer Akademie anhand von Prüfungen weiterbilden, die in Form eines Fragebogens tatsächliches Wissen abfragen. Ihr dürft euch als Kart-Fahrer verdingen, auf dem Fahrrad Dosen sammeln, Darten, im Kino ein witziges Minispiel absolvieren, um während der gezeigten Filme wachzubleiben, die Beziehung mit euren Partymitgliedern beim Karaoke verbessern oder in die SEGA-Spielhalle gehen.

Und auch sonst werdet ihr abseits der Hauptquest eine ganze Menge Zeit im Isezaki-Ijincho-Distrikt verbringen, der dem realen Isezakichō-Distrikt von Yokohama nachempfunden ist und wo der Hauptteil des Spieles stattfindet. Sämtliche Aspekte des umfangreichen Spieles zu erläutern, würde hier jedoch nicht nur den Rahmen sprengen, sondern auch die eine oder andere Überraschung verderben. Es sei aber zumindest so viel verraten, dass ihr neben dem allseits bekannten Kamurocho später noch einem dritten Bezirk einen Besuch abstattet, der Serienkennern sehr bekannt vorkommen dürfte.

Technisch lief die von uns getestete Version auf der Xbox One X wunderbar rund und hinterließ einen sauberen Eindruck auf dem grafischen Niveau der Vorgänger. Ihr bekommt belebte Straßen zu sehen, scharfe Texturen und gute Kameraarbeit in den Cutscenes. Abermals stehen die NPCs den Hauptfiguren optisch allerdings etwas nach. Zudem wirkt der neue Distrikt im Gegensatz zum Schmelztiegel Kamurocho streckenweise fast schon trist, ist dafür aber auch deutlich größer.

Ihr habt die Wahl zwischen englischen und japanischen Sprechern, lediglich die Untertitel wurden eingedeutscht. Dabei ist zu beachten, dass diese auf der japanischen Tonspur basieren. Wählt ihr also die (guten) englischen Sprecher, passten Text und Ton nicht immer zusammen.