Verbraucherschützer sind alarmiertGroße Banken heben Dispozinsen deutlich an

Verbraucherschützer sind alarmiert: Große Banken heben Dispozinsen deutlich an – Wie eine aktuelle Analyse zeigte, steigen die Dispozinsen hierzulande besorgniserregend an. Laut der Auswertung des Finanzportals „biallo.de“ liegen die Zinssätze von 264 der 1.167 untersuchten Banken und Sparkassen deutlich über dem Durchschnitt. Verbraucherschützer schlagen nun Alarm.
Lag der durchschnittliche Dispozins im letzten Jahr noch bei 9,99 Prozent, sind es mittlerweile 10,07 Prozent. Der Zins für die Überziehung des Disporahmens stieg von 12,29 auf 12,39 Prozent.
Horst Biallo, Gründer des Finanzportals, betont: „Man muss bedenken, dass der Durchschnittssatz angesichts der Niedrigzinsen vorher schon sehr hoch und nicht zu rechtfertigen war.“ Es sei „ein starkes Stück“, dass Banken die Lage nun ausnutzten, um die vorher schon unmäßig hohen Zinsen noch weiter zu erhöhen.
Wie sich zeigte, langen insbesondere große Institute wie die Deutsche Bank mit 11,15 Prozent und die Targobank mit 13,12 Prozent ordentlich zu. Noch teurer wird es bei der VR-Bank Landsberg-Ammersee – beim Spitzenreiter in Sachen Dispozinsen werden stolze 14,29 Prozent fällig. Überziehen Kunden ihren Disporahmen, verlangt die Bank sogar 19,29 Prozent Überziehungszinsen.
Verbraucherschützer sehen in diesem Trend die Gefahr, dass viele Menschen nun in die Schuldenfalle geraten.
Immerhin haben dem Wirtschaftsforschungsinstituts DIW zufolge fast 40 Prozent der Deutschen keine nennenswerten Rücklagen. Die Schuldenauskunft Schufa meldete außerdem, dass die Zahl von Negativmeldungen im Vergleich zum Vorjahr um 20 Prozent zugenommen habe.
Vor diesem Hintergrund sei der Dispo ein „brandgefährlicher Überschuldungsbeschleuniger“, wie Sascha Straub von der Verbraucherzentrale Bayern erklärt. So sei der Dispo zwar der am leichtesten verfügbare Kredit, gleichzeitig aber auch der schlechteste. Passe man nicht auf, rutsche man rasch ins Minus von 10.000 Euro, was bei 15 Prozent Zinsen zusätzliche Kosten in Höhe von 1.500 Euro jährlich nach sich zieht.
Und dabei stehe die „die Rallye an Zinserhöhungen“ dem Finanzexperten zufolge erst noch bevor.
„Gerade in der jetzigen Situation mit den enorm steigenden Preisen sind noch höhere Dispozinsen sehr problematisch“, ergänzt Andrea Heyer von der Verbraucherzentrale Sachsen, wo man davon ausgeht, dass immer mehr Bankkunden demnächst auf ihren Dispo angewiesen sein werden.
„Es trifft nicht nur Arme, sondern zunehmend breitere Schichten der Bevölkerung“, betont Heyer, die von der Politik nun fordert: „Ein gesetzlicher Dispo-Zinsdeckel muss schnell wieder auf die Agenda.“
Entsprechende Vorstöße wurden in den vergangenen Jahren immer wieder insbesondere von den Grünen gewagt, zu Zeiten der Großen Koalition blockierte die CDU jedoch. In den Reihen der Ampelkoalition ist es nun die FDP, die sich quer stellt.
Der Bundestagsabgeordnete und Grünen-Finanzpolitiker Stefan Schmidt sagte: „Grundsätzlich halten wir Grünen es für notwendig, Dispozinsen gesetzlich zu deckeln.“ Ein derartiger Zinsdeckel könne Menschen, die in Zahlungsschwierigkeiten geraten, vor ausufernden Kosten schützen.
„Ich kann mir vorstellen, dass ein Zinssatz von sechs bis sieben Prozentpunkten über dem aktuellen Referenzzinssatz diese Kriterien erfüllt und sachgerecht wäre“, konstatiert Schmidt.
Quelle: focus.de