„Mittel der Unterdrückung“: Forscher wollen Völkerball abschaffen – Jeder von uns kennt den Sportunterricht-Klassiker „Völkerball“. Unsere Kinder spielen es in der Schule, wie wir es vor Jahrzehnten ebenfalls in der Schule gespielt haben. Doch damit könnte nun bald Schluss sein. Einer kanadischen Forschergruppe zufolge sollte das Spiel nämlich dringend abgeschafft werden.

Der harschen Kritik der Wissenschaftler ging eine Studie voraus, der zufolge Völkerball nichts anderes als ein „Mittel der Unterdrückung“ und „legalisiertes Mobbing“ darstelle. In mehreren US-Medien erklärten die Experten, dass das Spiel Kinder lehre, ihre Mitschüler zu „entmenschlichen“ und ihnen zu „schaden“.

Kurz zur Erinnerung grob zusammengefasst: Vor dem Spiel werden zunächst zwei Teams gebildet, die sich in den beiden Hälften eines Spielfeldes gegenüberstehen. Ziel ist es, die Mitglieder des gegnerischen Teams mit einem Ball abzuwerfen, so dass diese aus dem Spiel ausscheiden. Sind alle Mitglieder einer Mannschaft ausgeschieden, so ist diese besiegt.

Und eben dieser Grundgedanke stößt den Wissenschaftlern übel auf, die zuvor damit beschäftigt waren, den kanadischen Sportunterricht zu untersuchen und dazu zwölf- bis 15-jährige Kids interviewten. Völkerball wurde dabei besonders oft negativ erwähnt, insbesondere die Variante aus Nordamerika, die „Dodgeball“ genannt wird, und bei der mehrere Bälle zum Einsatz kommen.

Gegenüber dem Sender CBC erklärte Joy Butler, ihres Zeichens Professorin an der University of British Columbia in Vancouver und eine der Autorinnen der Studie, dass viele Lehrer der Meinung seien, Kinder durch Völkerball auf spielerische Weise auf die Gesellschaft und das Leben in der „echten Welt“ vorzubereiten. Sie sieht das jedoch vollkommen anders.

Stärkere Schüler würden das Spiel zum Anlass nehmen, die Schwächeren zu demütigen. „Die Botschaft des Spiels ist, dass es okay ist, andere zu verletzen“, mahnt Butler, die selbst lange als Lehrerin tätig war.

Die Wissenschaftlerin plädiert dafür, dass Sportunterricht ein Ort sein sollte, „an dem Lehrer den Schülern dabei helfen, ihre Aggressionen zu kontrollieren, anstatt sie auszuleben.“

Ihr Kollege Stephen Berg, Co-Autor der Studie und Professor für Pädagogik an der UBC Okanagan in Kelowna/British Columbia, fügt hinzu: „In der Schule reden wir viel über Freundlichkeit, Empathie und Mitgefühl. Im Sportunterricht verschwinden alle diese Begriffe.“

Unterm Strich steht aus Sicht der Experten, dass Völkerball die Kinder lehre, ihren Klassenkameraden zu schaden.

Sie fordern nun, dass die Lehrer sich über die Spiele im Sportunterricht mehr Gedanken machen und dabei vor allem auch die schwächeren und stilleren Schüler berücksichtigen sollen. Dazu empfehlen sie, dass die Lehrer mit den Kindern zusammen Spiele entwickeln, auf die sie Lust haben, und dabei die Regeln gemeinsam festlegen.

Quelle: welt.de