„Nur noch Dachlatten auf dem Markt.“: Malermeister will ausbilden, kann aber nicht: Dass es in Deutschland an handwerklichen Fachkräften mangelt, ist nicht nur der Tatsache geschuldet, dass es zu wenig Bewerber gibt, sondern vor allem auch, dass die zur Verfügung stehenden jungen Leute offenbar nur noch mit Sollbruchstellen daherkommen. Ein Malermeister machte sich gegenüber dem „rbb“ Luft über die angespannte Lage.

Thomas Thümmel aus Brandenburg leitet einen Zwei-Mann-Betrieb und würde gerne ausbilden – aber keiner bewirbt sich.

Mit diesem Problem ist er hierzulande trotz brechend voller Auftragsbücher nicht allein, was dazu führt, dass Kunden immer länger auf einen Termin mit dem Fachmann warten müssen. Die Branche warnt schon lange vor den Gefahren, die dies für die deutsche Wirtschaft mit sich bringt, und fordert ein Umdenken hinsichtlich des Bildungsfokus – weniger akademische, dafür mehr handwerkliche Laufbahnen.

Erschwerend kommt Thümmel zufolge hinzu: „Die Leute, die versuchen eine Ausbildung anzufangen, brechen in der Regel ab, oder, sobald sie ihren Gesellenbrief haben, sind sie weg.“

Dabei würde der 33-jährige Handwerksmeister die Lehrlinge nach der Ausbildung gerne übernehmen, doch die wollen offenbar nicht: „Bei den Jugendlichen gibt es keine Disziplin, keine Ordnung mehr. Acht Stunden am Tag arbeiten, das ist für viele schon ein Problem mittlerweile.“ 

„Du hast nur noch Dachlatten hier auf dem Markt.“

Thümmels ernüchterndes Fazit: „Wir sind die letzte Generation, die noch auf dem Bau arbeitet“. Er könnte jederzeit drei bis vier Mitarbeiter einstellen, aber: „Es ist keiner da, es möchte keiner machen.“

Der Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), Friedrich Hubert Esser, versuchte anlässlich des Starts in das neue Ausbildungsjahr den Ernst der Lage zu verdeutlichen: „Das Spektrum der Fachkräfte, die zunehmend fehlen, ist groß: vom Dachdecker bis zum Softwareentwickler.“

Es sei nötig, den jahrelange Rückgang der Ausbildungsvertragszahlen endlich zu stoppen: „Sonst haben wir in naher Zukunft niemanden mehr, der Windkraftanlagen baut oder moderne Heizungs- und Solaranlagen installiert.“

Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer geht laut dem Focus“ von einer Viertelmillion fehlender Fachkräfte allein im Handwerk aus.

Wurden in den 2000er Jahren im Schnitt noch etwa 585.000 Verträge pro Jahr geschlossen, waren es im vergangenen Jahr nur noch 473.100 neue Ausbildungsverträge. An Ausbildungsplätzen mangelt es dabei rechnerisch nicht, doch 63.200 Ausbildungsstellen blieben im vergangenen Jahr unbesetzt. Das sind doppelt so viele wie noch vor zehn Jahren.

Während es im Lebensmittelverkauf, in der Gastronomie, bei Metzgereien, Klempnerbetrieben, Kurierdiensten oder im Beton- und Stahlbau an Bewerbern mangelt, gibt es in anderen Branchen, wie etwa der Mediengestaltung, Tierpflege oder im Fitnessbereich, mehr Bewerber als Stellen.

Unter diesen Bedingungen ist die Energiewende als politisches Ziel auf dem Papier nur schwer zu stemmen.

Wolseifer zufolge sei dem zu begegnen, indem man auch politisch mehr unternimmt, um die Berufsausbildung im Land attraktiver zu machen. Als Stichworte nannte er dabei mehr Wertschätzung, mehr Anerkennung und eine auskömmliche Finanzierung.

„Unsere Bildungsstätten sowie die Berufsschulen dürfen nicht länger als bildungspolitische Stiefkinder behandelt werden. Es darf keine Zweiklassengesellschaft in der Bildungspolitik mehr geben.“

Man müsse sich von der Vorstellung lösen, dass nur ein Studium beruflichen und persönlichen Erfolg bringen könne.

Quellen: focus.de , rbb24.de