Nach BürgerinitiativeFrankreich will kurze Inlandsflüge abschaffen

Nach Bürgerinitiative: Frankreich will kurze Inlandsflüge abschaffen – Die grüne Offensive, die die französische Regierung langfristig vorbereitet hatte, kommt in Bewegung. Am Mittwoch billigte das Regierungskabinett die Maßnahmen eines ambitionierten Gesetzesentwurfs, zu dem auch ein Verbot von Kurzstreckenflügen gehört. Die Bedingung: Das Ziel muss auch innerhalb von zweieinhalb Stunden mit einem Zug erreicht werden können. Damit könnten Flüge von Paris aus in Richtung Bordeaux, Lyon oder Nantes bereits ab Sommer diesen Jahres der Vergangenheit angehören.
Umweltministerin Barbara Pompili verkündete am Donnerstag überdies, die Flughafengesellschaft Aéroports de Paris werde von einem geplanten Bauprojekt am Großflughafen Charles de Gaulle Roissy verzichten. Ursprünglich sollte dort ein vierter Terminal entstehen. Durch die genannten Maßnahmen soll der Schienenverkehr gestärkt, der Inlandsflugverkehr hingegen stark eingeschränkt werden.
Nach den Monaten der „Gelbwesten“-Proteste gegen die CO2-Steuer hatte Präsident Macron einen Bürgerkonvent für die CO2-Senkung ins Leben gerufen, diesem entstammt der Vorschlag eines Inlandsflug-Verbotes. Auch andere Empfehlungen, insgesamt 149, waren in dem Bürgerkonvent von 150 in einem speziellen Verfahren eigens ermittelten Bürgern diskutiert worden. 75 der Grundsätze erfuhren eine Überarbeitung, 25 gab man schließlich auf – Macron persönlich erklärte drei von ihnen zum Tabu, unter anderem ein Tempolimit von 110 km/h auf der Autobahn.
Wäre es nach dem Konvent gegangen, so wären sogar Verbote für Inlandsflüge über Reichweiten bis zu vier Stunden ausgesprochen worden – damit wären bevorzugte Urlaubstrecken der Franzosen von Paris in Richtung Marseille, Toulouse oder Nizza ebenfalls betroffen gewesen. Im März soll die französische Nationalversammlung über einen Gesamtgesetzesentwurf beraten, in den die Vorschläge des Bürgerkonvents einfließen.
Dabei soll es sich um Aspekte handeln, „die direkt den Alltag der Franzosen berühren“, wie Umweltministerin Pompili kommentierte. Die Politikerin war selbst Mitglied der französischen Grünen gewesen, schloss sich später aber der Partei La République en marche an.
Der neue Gesamtentwurf wird 63 Gesetzesartikel enthalten – diese reichen von einem verpflichtenden Angebot für Biospeisen in Unternehmenskantinen im ganzen Land über ein Verbot für Heizstrahler/-Pilze in Gastronomie-Außenbereichen. So besagt der Kantinen-Passus, dass mindestens 20 Prozent der verwendeten Lebensmittel aus ökologischem, 50 Prozent aus nachhaltigem Anbau stammen müssen.
Ein weiterer Teil des Pakets ist der sogenannte „Amazon-Artikel“, der Frankreichs Wälder und Agrarböden vor neuen Großansiedlungen der Wirtschaft bewahren soll. Damit wären große neue Gewerbegebiete über 10.000 Quadratmeter außerhalb urbaner Ballungszentren verboten. Die Ernährungsgewohnheiten der Franzosen sollen zudem geändert werden, wenn es nach der Regierung geht – Schüler sollen über nachhaltige und CO2-schonende Ernährung informiert, Verbraucher durch neue Ökolabel über den Kohlendioxid-Fußabdruck der von ihnen gekauften Produkte informiert werden.
Auch das Wohnen wird das neue Gesetz berühren, ab 2028 sollen Vermieter keine schlecht isolierten Wohnungen oder Häuser mehr vermieten dürfen.
Verbrennungsmotoren, die mehr als 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen, sollen zudem ab 2030 nicht mehr verkauft werden dürfen. Ein Werbeverbot für fossile Brennstoffe soll ausgesprochen werden, Rundfunk- und Fernsehanstalten keine Werbezeiten mehr für klimaschädliche Produkte anbieten dürfen. Auch Flugzeuge mit Werbebannern oder der Einwurf unerwünschter Reklame in Papierform in Briefkästen sollen untersagt werden.
Die ambitionierten Pläne, um die Klimaziele zu erreichen, bezeichnete die Umweltministerin als weiteren „Baustein“ des 30-Milliarden-Euro-Plans für den ökologischen Wandel, man dürfe sich aber keine „grüne Revolution“ davon versprechen. „Hierzulande beklagen wir uns immer, dass das alles nicht ausreichen wird. Ich als Grüne würde auch gerne schneller vorankommen. Aber was wir machen, ist in der Welt einzigartig“, so Pompili.
Nicolas Hulot, einer der Vorgänger der Umweltministerin, übte in der Zeitung „Le Monde“ Kritik: „Das Gesetz ist nicht auf der Höhe unserer Ambitionen“. Auch der Abgeordnete Mathieu Orphelin, einst Teil der Regierungsfraktion, bevor er sie aus Wut über Macrons Umweltpolitik verlassen hatte, fand deutliche Worte: „Ich sehe nicht, was das Gesetz verändern wird.“ Auf diese Weise seien Orphelin zufolge die Klimaziele nicht zu erreichen.
Quelle: faz.net