Mehr Sicherheit für Radfahrer?Politik fordert Tempo 30 in Städten

Dass Radfahrer und Fußgänger im Straßenverkehr das schwächste Glied sind, sollte gemeinhin bekannt sein. Um diese besser zu schützen, plant Verkehrsminister Scheuer eine Änderung der Straßenverkehrsordnung. So will er etwa einen Mindestabstand beim Überholen festlegen lassen. Doch der Politik genügen die Pläne des Ministers nicht – viele Abgeordnete verlangen mehr. Darunter eine allgemeine Tempo-30-Grenze überall innerorts.
Der Radverkehr soll gefördert werden, nicht zuletzt, um die CO2-Bilanz und die Luftqualität zu verbessern. Doch die Politik ist sich bewusst: Mehr Radfahrer, das ergibt nur Sinn, wenn es dadurch nicht zugleich zu mehr Unfällen kommt. Daher wollen CDU/CSU sowie SPD, dass noch mehr für die Sicherheit der Radfahrer unternommen wird. Weit über Andreas Scheuers Pläne hinaus.
Einer von vielen Plänen, denen die Parlamentarier nun zustimmen sollen: eine Erprobung eines generellen Tempo-30-Limits in Städten
Tempo 50 wäre somit auf Hauptverkehrsstraßen nur noch nach Anordnung gestattet. CDU-Verkehrspolitiker Ulrich Lange betonte, dass die allseits bekannten Tempo-30-Zonen auch auf ein zuerst auf diese Weise durchgeführtes Modellprojekt von 1983 zurückgingen. Man müsse offen sein, um zu sehen, wie sich das tägliche Miteinander aller Verkehrsteilnehmer auswirke.
Bei der SPD ist man überzeugt, dass ein Tempolimit von 30 km/h innerorts die Verkehrssicherheit erhöhen könnte. SPD-Verkehrspolitikerin Kirsten Lühmann: „Bislang finden solche Absenkungen aber immer nur gezielt und in der Regel nicht in größeren Gebieten statt.“ Eine mindestens zwei bis drei Jahre währende Testphase sei für valide Daten unerlässlich.
Während der ADAC betont, dass die Verkehrsmenge auf Straßen, bei denen vorher Tempo 50 erlaubt war, durch einen solchen Schritt erheblich sinken könne, begrüßt man beim Fahrradverband ADFC eine solche Entscheidung: „Grundsätzlich sollte gelten: Sicherheit für alle vor Tempo für einige.“
Der Leiter der Unfallforschung der Versicherer, Siegfried Brockmann, meldet Zweifel an
Zwar sei davon auszugehen, dass Autofahrer dann mit etwa 40 Stundenkilometern unterwegs seien, doch bereits heute seien laut Brockmann Lkw oder Pkw nur bei 11 Prozent aller Fahrradunfälle mit Personenschaden schneller als mit 40 km/h unterwegs. Gründe dafür sieht der Experte darin, dass die meisten Unfälle sich beim Abbiegen ereigneten. Dennoch sei es für ihn einen Großversuch wert, etwa in einer ganzen Kommune.
Grüne und Linke monieren, dass die Pläne von Koalitionsfraktionen und Regierung nicht konsequent genug seien: „Die Gesetze sind halbgar, vieles fehlt“, so Grünen-Radverkehrspolitiker Stefan Gelbhaar. Lkw ohne Abbiegeassistent sollen seiner Meinung nach in Verkehrssicherheitszonen aus den Städten verbannt und das Fahrrad endlich gleichberechtigtes Verkehrsmittel werden.
Auch Verkehrspolitikerin Amira Mohamed Ali von den Linken ist nicht überzeugt: „Wie gewohnt bleiben Union und SPD völlig hinter ihren Möglichkeiten zurück.“ Die regierenden Parteien würden – so Ali – unverzüglich ein großes Förderprogramm für sichere Radwege konzipieren, wenn es ihnen ernst wäre. Bei der FDP lehnt man das Konzept von allgemeinem Tempo 30 in der Stadt rundheraus ab, ebenso wie einen Zwang zum Schritttempo beim Abbiegen.
Die Partei möchte Radfahrer lieber durch Warnsysteme und eine digitale Verkehrslenkung schützen. FDP-Verkehrspolitiker Christian Jung befürchtet eine Häufung von Unfällen, etwa durch mangelnde Aufmerksamkeit. Zudem könne der Verkehrsfluss ins Stocken geraten. Die AfD-Fraktion beantwortete eine Anfrage zu dem Thema nicht.
Quelle: gmx.net