Fall für den Europäischen GerichtshofSchufa-Scoring laut Gutachter rechtswidrig

Fall für den Europäischen Gerichtshof: Schufa-Scoring laut Gutachter rechtswidrig – Große Unternehmen wie Banken, Telekommunikationsdienste oder Energieversorger haben anhand privater Auskunfteien wie der Schufa die Möglichkeit, die Kreditwürdigkeit potenzieller Kunden im Vorfeld eines Vertrages abzufragen. Die Einschätzung erfolgt dabei als sogenannter Score-Wert, der wie eine Art Bonitätsranking funktioniert, und über die Vergabe von Punkten angibt, wie zuverlässig der entsprechende Kunde seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommt.
Umstritten ist dieses Verfahren schon länger, nach Ansicht eines Gutachters am Europäischen Gerichtshof (EuGH) könnte es aber sogar rechtswidrig sein.
Darüber hinaus dürfte die Schufa Generalanwalt Priit Pikamäe zufolge Daten aus öffentlichen Verzeichnissen – wie etwa die entsprechenden Register der Insolvenzgerichte – nicht länger speichern als das öffentliche Verzeichnis selbst.
Bezüglich dieser Einschätzungen wird in den nächsten Monaten mit einem Urteil gerechnet. Zwar sind die Gutachten des Generalanwalts auf formaler Ebene für das Gericht nicht bindend, es hat sich jedoch gezeigt, dass die Richter ihm meist folgen.
Das Verfahren an EuGH fußt auf mehreren Fällen aus Deutschland.
In einem davon hatte der Kläger von der Schufa verlangt, einen negativen Eintrag zu löschen, und Einsicht in seine Daten gefordert, nachdem ihm ein Kredit abgelehnt worden war. Vonseiten der Schufa erhielt er daraufhin lediglich seinen Score-Wert und allgemeine Informationen zur Berechnung mitgeteilt – auf welcher Formel die Berechnungsmethode nun aber genau basiert, ist nach einem Beschluss des Bundesgerichtshofes als Geschäftsgeheimnis deklariert.
Letztlich wanderte der Fall vom Verwaltungsgericht Wiesbaden zum EuGH, um dort Klarheit hinsichtlich des Verhältnisses zur europäischen Datenschutz-Grundverordnung zu schaffen.
Mittels dieser wird nämlich geregelt, dass eine Maschine durch automatisierte Verarbeitung von Daten keine Entscheidungen treffen darf, die für Betroffene rechtliche Wirkung entfalten.
Aus Sicht des Generalanwaltes stellt die automatisierte Erstellung eines Wahrscheinlichkeitswerts über die Kreditwürdigkeit – also der Score-Wert der Schufa – aber eine ebensolche Entscheidung dar und ist von daher nach europäischem Recht unzulässig.
Das gelte auch dann, wenn auf Basis dessen vonseiten Dritter, wie beispielsweise einer Bank, über die Kreditwürdigkeit entschieden werde.
Ein weiterer Fall befasste sich mit der Restschuldbefreiung nach einer Verbraucherinsolvenz.
Diese ermöglicht es Privatpersonen, sich innerhalb eines begrenzten Zeitraums auch dann von ihren Schulden befreien zu können, wenn diese nicht die geforderte Summe zurückzahlen können. Läuft ein solches Verfahren erfolgreich ab, steht am Ende eine sogenannte Restschuldbefreiung.
Kommt es zu einem solchen Fall, werden die Informationen vonseiten der Insolvenzgerichte öffentlich gemacht, nach einem halben Jahr aber wieder gelöscht. In den Registern der Schufa bleiben derartige Einträge hingegen bis zu drei Jahre lang bestehen, was der EuGH-Generalanwalt ebenfalls als rechtswidrig erachtet.
Immerhin habe die Restschuldbefreiung das Ziel, den Betreffenden wieder am Wirtschaftsleben teilhaben zu lassen, was jedoch durch private Wirtschaftsauskunfteien vereitelt werde, wenn es diesen möglich ist, die Daten über die Insolvenz länger zu speichern.
Ein ähnlicher Fall liegt aktuell dem Bundesgerichtshof vor und wird dort zurzeit geprüft.
Quelle: spiegel.de