Wohl 392 Jahre alt: Dies ist der älteste Hai der Welt – Allzu gerne vergisst der Mensch, dass seine kurze Lebensspanne nicht nur erdgeschichtlich kaum das Maß der Dinge ist, sondern so manches „niedere“ Tier uns an Lebensjahren mühelos überflügelt. Man denke an Galapagos-Schildkröten und ihr wahrhaft biblisches Alter – oder Haie. Nicht nur in evolutionärer Hinsicht stellen sie mit einem seit Millionen von Jahren unveränderten Körperbau Rekorde auf, manche Exemplare und ganze Arten werden uralt, wie das Video beweist.

Ein Hai, der gelebt hat, als es die USA in heutiger Form noch nicht gab und der lange vor der Französischen Revolution geboren wurde? So unfassbar es klingt, ein solches Tier ging einer Gruppe von Wissenschaftlern 2016 ins Netz. Die Experten untersuchten Grönlandhaie im Nordatlantik und konnten 28 Exemplare näher in Augenschein nehmen. Dabei vermaßen sie auch ein Weibchen mit einer kapitalen Länge von mehr als fünf Metern.

Mithilfe von Radiokarbondatierung konnten die Wissenschaftler eine Altersspanne für das Tier ermitteln: Höchstwahrscheinlich war es seinerzeit (2016) bereits 392 Jahre alt – mindestens laut der nicht jahresgenauen Messmethode 272, höchstens 512 Jahre. Beachtliche Zahlen – zumal man sich vor Augen halten muss, dass Grönlandhaie einen Zentimeter pro Jahr wachsen. Allein bis zur Geschlechtsreife benötigen die Tiere 150 Jahre.

Seinerzeit kommentierte der Meeresbiologe und Studienleiter Julius Nielsen:

„Wir hatten Erwartungen, dass wir es mit einem ungewöhnlichen Tier zu tun bekommen würden, doch ich denke, alle an der Studie Beteiligten waren äußerst überrascht, das wahre Alter der Haie zu erfahren.“ Bei vielen Knochenfischen datieren Experten anhand der Gehörknöchelchen der Tiere, die ringförmig wachsen. Bei vielen Knorpelfischarten wie Haien und Rochen gestaltet sich dies schwieriger, da ihre knochenlosen Körper nicht über alten Schichten größer werden und so keine „Jahresringe“ vorhanden sind wie bei Bäumen.

Bei Grönlandhaien gibt es solche Ringe gar nicht. Daher mussten die Experten die Proteine datieren, die in den Augen der Tiere vorkommen – denn die Sehorgane bilden sich früh im Embryonenstadium und können auf radioaktiven Zerfall hin untersucht werden. Dies ist relevant, als dass in den 1950er Jahren Atomtests durchgeführt wurden, deren Strahlung sich in der Nahrungskette des Meeres ausbreitete und bis heute nachweisbar ist. So konnten die Experten das ungefähre Alter der Tiere ermitteln.

Als Faustregel galt: Je kleiner der Grönlandhai, desto jünger war er, und desto mehr instabiles Isotop Carbon 14 wiesen seine Augen auf – was bedeuten musste, dass die beiden kleinsten Tiere der Gruppe etwa von 1960 stammten. Wann die natürliche Lebensspanne eines Grönlandhais endet, der ein Spitzen-Raubtier ohne natürliche Fressfeinde ist, lässt sich den Experten zufolge schwer sagen.

Wer weiß, vielleicht schwimmen dort draußen ja noch Exemplare herum, die bereits ein rundes Jahrtausend erlebt haben?

Quelle: ladbible.com