CDU-Spitzenpolitiker sorgt für Empörung: Jens Spahn will Rente mit 63 abschaffen – Die Debatten um den Fachkräftemangel reißen nicht ab. Nun hat sich der CDU-Politiker Jens Spahn zu Wort gemeldet. Sein Vorstoß zum Thema: Ältere Menschen länger arbeiten zu lassen. Der Fraktionsvorsitzende der Union und frühere Gesundheitsminister erklärte in einem Medien-Interview, dass er für eine sofortige Absetzung der Rente mit 63 ist.

Wörtlich sagte Spahn gegenüber „Bild am Sonntag“: „Die Rente mit 63 kostet Wohlstand, belastet künftige Generationen und setzt die falschen Anreize. Sie sollte sofort abgeschafft und durch eine bessere Erwerbsminderungsrente ersetzt werden.“ Es fehlten nun „bitterlich“ zwei Millionen Fachkräfte, die früher in Rente gegangen seien. Seine Aussagen stießen auf breiten Widerspruch seitens anderer Parteien aus Regierung und Opposition, darunter der AfD, sowie der Gewerkschaften. Sie alle reagierten mit Empörung.

Wissler: „Rentenkürzung durch die Hintertür“

Die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Manu Dreyer, bezeichnete die Forderung Spahns als ungerecht und rücksichtslos. Die SPD-Politikerin wörtlich gegenüber der dpa am Montag: „Herr Spahn kann sich das vielleicht gar nicht vorstellen. Es geht um Dachdecker, Verkäufer, Pflegekräfte, Arbeiter und Arbeiterinnen, die ihr ganzes Berufsleben lang hart gearbeitet und viel zum Wohlstand unseres Landes beigetragen haben.“ Dass diese ohne Abschläge in Rente gehen könnten, sei „ein Zeichen des Respekts“.

So wies neben Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin Manuela Schwesig auch Linke-Chefin Janine Wissler die Forderung zurück. Wissler nannte Spahns Aussagen „eine Respektlosigkeit gegenüber Lebensleistungen hart arbeitender Menschen und eine Rentenkürzung durch die Hintertür.“ Man bekämpfe Fachkräftemangel nicht durch eine Erhöhung des Renteneintrittsalters: „Das macht viele Berufe unattraktiver“. Wissler betonte, es seien vielmehr gute Arbeitsbedingungen sowie die Stärkung von Tarifverträgen neben mehr Weiterbildung und Ausbildungsplätzen nötig.

Lobby für Abschaffung der Rente ab 63

DGB-Chefin Yasmin Fahimi ließ in der „Rheinischen Post“ am Dienstag wissen: „Wer die, die ohnehin schon am Limit sind, weiterschuften lassen will, ist von der realen Arbeitswelt vieler sehr weit entfernt.“ In der „Welt“ am Dienstag kommentierte FDP-Politiker Pascal Kober: „Die CDU verabschiedet sich hier zunehmend von den Leistungsträgern in unserem Land.“ Es sollte Kober zufolge attraktiver werden, freiwillig länger zu arbeiten, statt bei jenen anzusetzen, die mit am meisten für den Wohlstand gearbeitet hätten.

In ein ähnliches Horn wie Spahn stieß in „Bild am Sonntag“ hingegen der Geschäftsführer der Lobbyorganisation „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ (INSM). Die INSM ist Arbeitgeber-finanziert. Geschäftsführer Thorsten Alsleben in dem Sonntagsblatt: „Die Rente mit 63 passt nicht mehr in die Zeit und muss bis spätestens Ende 2030 auslaufen.“ Die Beitragszahler koste sie Milliarden, verschärfe den Fachkräftemangel zusätzlich. Laut Meinung der INSM wäre die Fachkräftelücke ohne diese Regelung rund 10 bis 20 Prozent kleiner.

Höhere Lebenserwartung gleich längere Arbeit?

Für ein „selbstbestimmtes, flexibles Rentenalter“ sprach sich hingegen der stellvertretende FDP-Chef Johannes Vogel aus. Wann er in Rente gehe, das sollte jeder selbst entscheiden, so der Parteivize, führte aus: „Wer länger arbeitet, kriegt dann auch mehr Rente.“ Gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ behauptete CDU-Chef Friedrich Merz am Samstag, man komme wahrscheinlich nicht umhin, angesichts einer immer längeren Lebenserwartung auch mehr zu arbeiten.

Merz: „Sonst ist unser Rentensystem perspektivisch nicht mehr finanzierbar.“ Doch es gilt laut einem Bericht von „Heise“ keineswegs als gesichert, ob das Problem gelöst werden kann, indem man lang Versicherten den frühzeitigen Renteneintritt vorenthält. Demnach finden sich mehr und mehr Menschen, die vor der Regelaltersgrenze in ihren Ruhestand wechseln. Wie das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung feststellt, nehmen diese Menschen dafür die niedrigere Rentenhöhe in Kauf.

Zudem gibt es kritische Stimmen, die einen von der Wirtschaft hausgemachten Fachkräftemangel vorwerfen. Mit wenig attraktiven bis gar unrealistischen Stellenausschreibungen würden Firmen demnach Fachkräfte ins Ausland vergraulen.

Quelle: heise.de