Bis 2100: Experten berechnen Erderwärmung von 2,4 Grad – Glaubt man den Prognosen des Analyseprojekts „Climate Action Tracker“ (CAT), welche der Klimaforscher Niklas Höhne kürzlich im Rahmen des 12. Petersberger Klimadialogs in Berlin vorgestellt hat, reichen die aktuellen Maßnahmen der Weltgemeinschaft nicht aus, um die Erderwärmung zu begrenzen.

Selbst wenn alle geplanten Klimaschutzmaßnahmen in vollem Umfang umgesetzt werden, gehen die Experten davon aus, dass die globale Erderwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts im Vergleich zur vorindustriellen Zeit bei 2,4 Grad Celsius liegen wird.

Somit: Klar über dem Ziel von 1,5 Grad.

Träfe man von nun an keine weiteren Maßnahmen, um den Klimawandel einzudämmen, prognostiziert der CAT bis 2100 sogar eine um 2,9 Grad höhere Temperatur im Vergleich zum Niveau der vorindustriellen Zeit. Und selbst in einem etwas optimistischeren Szenario, welches weitreichende Maßnahmen zur Emissionsreduktion berücksichtigt, betrüge die Erderwärmung immer noch 2,0 Grad.

Laut Höhne deckten die gesetzten Klimaziele der aktuell 131 Staaten 73 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen ab, was eindeutig einer kritischen Masse entspricht. Mit Blick auf die Ziele des Pariser Klimaabkommens von 2015 dürfe der Temperaturanstieg bis Ende des Jahrhunderts jedoch maximal 1,5 Grad betragen, was allen Erkenntnissen des CAT zufolge nur dann möglich ist, wenn bis 2030 alle globalen Emissionen halbiert werden.

Auch wenn es sowohl physikalisch als auch technisch möglich wäre, sehe es Höhne zufolge derzeit aber nicht danach aus. „Es klafft eine gigantische Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit“, so das Resümee des Professors an der Universität Wageningen in den Niederlanden.

Es sei aber erfreulich, dass sich Staaten wie die USA, Großbritannien oder auch Argentinien sehr ambitionierte Klimaziele gesetzt hätten. Und auch die neuen Klimaziele der EU sowie Chinas trügen zu einer positiven Entwicklung bei. Dann seien da aber wieder Staaten wie Australien, Indien oder Russland, welche deutlich hinter den Erwartungen zurückblieben. In Brasilien habe sich die Lage sogar verschlechtert.

Zudem habe sich bislang kein einziges Land ausreichende kurzfristige Reduktionsziele gesetzt, so die Bilanz des Wissenschaftlers.

Bundesumweltministern Svenja Schulze erkennt mit Blick auf die Zahlen des CAT zwar eine positive Entwicklung, sieht aber weiterhin noch großen Handlungsbedarf. Immerhin sei es in den vergangenen fünf Jahren gelungen, zumindest in Reichweite der zwei Grad zu kommen, um von da aus die 1,5 Grad in den Blick zu nehmen. Von daher müssen die Jahre bis 2030 weltweit zum Jahrzehnt des sozial-ökologischen Umbaus erklärt werden.

Bei dem Climate Action Tracker handelt es sich um ein von Höhne entwickelten Dienst, bei dem die Klimaschutzbemühungen der einzelnen Länder in ein Klimamodell eingespeist werden, um die globale Erwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts zu akkumulieren. Die Prognose wird dann in Form eines Thermometers dargestellt.

An den Petersberger Klimadialogen, welche traditionell als Vorbereitung der nächsten Uno-Klimakonferenz dienen, nehmen indes jährlich Minister aus rund 40 Staaten teil, um sich mit Fragen zum Klimawandel zu beschäftigen.

Quelle: spiegel.de