„Behördenwahnsinn“Lemonaid hat laut Behörde zu wenig Zucker

„Behördenwahnsinn“: Lemonaid hat laut Behörde zu wenig Zucker – Es dürfte sich herumgesprochen haben, wie ungesund zuckersüße Lebensmittel und vor allem Erfrischungsgetränke wie Limonaden sein können. Die Industrie steht in der Kritik, das Gesundheitssystem verschlingt Unsummen beim Kampf gegen Folgeschäden von Adipositas wie etwa Diabetes, Bluthochdruck oder Krebs. Da sollte man meinen, würden es Behörden begrüßen, sobald eine Limonade mit wenig Zucker daherkommt.
Der Dienstweg hat das Produkt „Lemonaid“ abermals ins Visier genommen, nachdem es schon einmal Ärger mit den Behörden deswegen gegeben hatte. Diesmal hat das Bonner Verbraucherschutzamt der Bio-Limonade einen Rüffel verpasst. Die Begründung: In Lemonaid sei zu wenig Zucker vorhanden. Für die Limonadenhersteller aus Hamburg ist es bereits das zweite Mal, das sie deswegen Ärger haben.
Genauer gesagt ist es die Maracuja-Limonade des Fairtrade-und Bio-Unternehmens, die der Behörde ein Dorn im Auge ist. Vor knapp einem Jahr hatte ein Hamburger Amt ähnliches moniert – und nach öffentlichem Druck zurückrudern müssen. Nun heißt es in einem aktuellen Schreiben des Bonner Verbraucherschutzamtes, das dem „Stern“ vorliegt, dass man eine Probe der Bio-Limonade aufgrund eines Kennzeichnungsmangels beanstande.
Eine Laboruntersuchung haben nachgewiesen, dass die Limonade der Sorte Maracuja mit einem Zuckergehalt von 5,6 Prozent unter den Leitsätzen für Erfrischungsgetränke liege.
Demnach müsse eine Limonade mindestens 7 Prozent Zuckergehalt vorweisen. Im Schreiben der Behörde heißt es: „Ich darf Sie bitten, ab sofort nur Produkte in den Verkehr zu bringen, die den rechtlichen Anforderungen entsprechen.“ Lemonaid muss nun also sein Getränk mit mehr Zucker versetzen – oder es darf nicht mehr Limonade genannt werden.
Die Reaktion des Getränke-Herstellers: „Behördenirrsinn ohne Ende“, wie es in einem Kommentar heißt. Bereits im Januar 2019 hatte sich der Hersteller wegen des gleichen Vorwurfs mit dem Hamburger Bezirksamt herumschlagen müssen. Das Argument von Lemonaid:
Ein geringerer Zuckergehalt in einer Limonade könne wohl kaum zum Schaden des Verbrauchers sein, zumal dieser Gehalt transparent auf der Flasche angegeben und die Limonade in dieser Form bereits seit zehn Jahren im Handel sei. Damals waren auf starken öffentlichen Druck hin die Forderungen der Behörde zurückgezogen wurden.
Die damalige Gesundheitssenatorin der Hansestadt Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) hatte angekündigt, dass die Leitsätze überarbeitet werden sollten:
„Die Leitsätze für Erfrischungsgetränke sind in manchen Bereichen nicht nachvollziehbar und konterkarieren unsere Strategie zur Zuckervermeidung sowie zur gesundheitsbewussten Ernährung“ so die Senatorin seinerzeit. Eine Überarbeitung fand bis heute nicht statt.
Lemonaid-Gründer Paul Bethke gegenüber dem „Stern“: „Es ist verblüffend, dass es offenbar gar keine Konsequenzen gab. Da frage ich mich schon, was die die letzten eineinhalb Jahre gemacht haben.“ Nun wird sich das Unternehmen an Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) wenden. Am Mittwoch will man ihr bei einer öffentlichkeitswirksamen Aktion eine symbolische Skulptur überreichen – aus Zucker. Auch, weil das Unternehmen bis zu 160.000 Kilogramm nur mit seiner Maracuja-Limo eingespart hat.
Lemonaid-Boss Bethke: „Wir wollen, dass die Leitlinien für Getränke endlich geändert werden. Der Verbraucher sollte vor zu viel Zucker geschützt werden und nicht vor zu wenig.“ Genau diese Kerbe stößt Klöckner seit zwei Jahren mit einer „nationale Reduktions- und Innovationsstrategie“ vor, um Zucker, Fette und Salz in Produkten zu senken. Dabei setzt die Ministerin auf eine Selbstverpflichtung der Industrie, freiwillig weniger ungesunde Stoffe in ihre Erzeugnisse zu packen.
Angesichts solcher Initiativen löst eine Limonaden-Richtlinie, die ein Minimum an Zucker vorschreibt, nicht nur beim Verfasser Kopfschütteln aus.
Quelle: stern.de