Einen Sturz aus einer Höhe von 4115 Metern zu erleben und davon berichten zu können, das erleben wohl auch erfahrene Fallschirmspringer nicht alle Tage. Doch genau das ist einer Frau aus den USA passiert, die danach durch einen langwierigen und schmerzhaften Rehabilitationsprozess musste. Heute geht es ihr den Umständen entsprechend gut.

Jordan Hatmaker aus Virginia Beach springt seit 2015 aus allerlei Fluggerät und lebt ihr Hobby. Immer wieder nahm sie Sprünge in Begleitung vor. Sie beschloss, ihre Lizenz zu machen, damit sie alleine springen kann – wozu etliche Sprünge an Erfahrung notwendig sind. Bei ihrem sechzehnten Manöver im November 2021 hatte sie Pech: Nach etwa zehn Sekunden freien Falls entfernte sie sich ordnungsgemäß von ihrem Ausbilder, um an der Leine ihres Fallschirms zu ziehen.

Dabei verfing sich der kleinere Leitschirm an ihrem Bein.

Mehr noch, der kleine Schirm wickelte sich um die Gliedmaße. Sie stürzte mit rund 201 Stundenkilometern in die Tiefe, ihr Bein durch den Luftwiderstand am Pilotschirm blockiert und in die Höhe gerissen. Solcherart fiel sie ungebremst in die Tiefe, bis sich notfallmäßig ihr Hauptschirm öffnete. Doch dieser verdrallte sich mit dem Leitschirm zu einem regelrechten Abwärtspropeller, der sie mit noch mehr Tempo nach unten beförderte.

„Alles geschah so schnell“, so Jordan, „Ich hatte keine Gedanken mehr, weil ich mich in Spiralen drehte, ich wusste nicht, was los war, ich war im Strategiemodus.“ 20 Sekunden nach dem Ziehen an ihrer Leine schlug die Frau wie ein Geschoss auf dem Boden ein und blieb wie durch ein Wunder bei Bewusstsein. Etwas, das ihr besser erspart geblieben werde, so erlebte sie die Schäden an ihrem Körper mit.

Jordan Hatmaker zu ihrem Erlebnis:

„Zuerst versuchte ich, mich vom Boden hochzustemmen, und als ich nichts mehr bewegen konnte, war mein erster Gedanke, dass ich gelähmt sei, und ich schrie das heraus. Und ich habe noch nie solche Laute aus meinem Körper kommen hören. Ich habe Schreie ausgestoßen, bei denen einem das Blut in den Adern gefriert. Ich war zuerst mit dem linken Bein aufgeschlagen.“

Es war nicht das Ende ihres Martyriums: „Dann war ich mit dem Hintern abgeprallt und mit dem Gesicht nach unten gestürzt, so brach ich mir das Rückgrat. Mein unterer Rücken und meine Beine waren wie in Flammen gehüllt, so brannten sie.“ Sie wurde per Rettungshubschrauber in das Sentara Norfolk General Hospital verbracht. Dort teilte man Jordan mit, dass ein Großteil ihres unteren Rückens, ihres Fußgelenks und des Schienbeins praktisch zersplittert war.

Es kam eine Verletzung des Rückenmarks hinzu.

Bevor die Chirurgen überhaupt an eine Operation dessen denken konnten, musste der Druck von ihrem Rückenmark genommen werden, ein Monat Wartezeit im Krankenhaus war notwendig, bevor der eigentliche Fusionseingriff an den Rückenwirbeln durchgeführt wurde. Dabei mussten Knochensplitter entfernt werden. Es folgten chirurgische Eingriffe, um Schienbein und Fußgelenk zu heilen. Dennoch ist Jordan dankbar, dass sie den Vorfall überlebte:

„Ich war sehr dankbar, dass ich am Leben war, das war mein wichtigster Gedanke. Ich hatte viel Hoffnung, dass ich wieder gehen würde, auch wenn ich meine Beine weder heben noch hin und her bewegen konnte. Ich hatte viel Hoffnung, dass ich wieder alles tun würde, was ich tun wollte.“ So kam es tatsächlich auch, nach einer langen Gesundung, die im Video unten dokumentiert wird, plant Jordan nun, im November 2022 eine eigentlich für drei Tage nach ihrem Sprung geplante Wanderung auf dem Mount Everest durchzuziehen.

Sie hat noch immer mit den Nachwirkungen des Sturzes zu kämpfen.

Die Verletzung der Wirbelsäule sorgt für Taubheitsgefühle, Nervenschmerzen und Beckenbodenprobleme. Dennoch will sie sich davon ihren Trip zum 8000er nicht miesmachen lassen: „Ich glaube nicht, dass man Dinge, die man liebt, aufgeben sollte, nur weil einem ein Hindernis in den Weg gelegt wurde, das Leben ist zu kurz und man sollte tun, was einen glücklich macht“, so Jordan Hatmaker.

Sie ergänzt: „Ich hoffe wirklich, dass ich die Botschaft vermitteln kann, dass man in jeder Situation, in der man sich befindet, den Silberstreif am Horizont suchen sollte. Man weiß nie, wie stark man ist, bis man es sein muss, also unterschätzt euch nicht.“ Was neuerliche Fallschirmsprünge betrifft, kommentierte sie: „Sagt das bloß nicht meiner Familie! Wir schauen mal, was passiert, sobald ich an der Flugzeugluke stehe.“