Radikales Verkehrskonzept: Deutsche Stadt will „nahezu autofrei“ werden – An kaum einem anderen Bereich verdeutlicht sich die Zeitenwende so sehr wie an jenem der Mobilität. Galt der Verbrenner einst als das Zugpferd ganzer Nationen, sollen es nun moderne Elektromotoren richten. Doch nicht nur das: Auch ganze Infrastrukturen, die in vergangenen Jahrzehnten rund um das Automobil herum errichtet worden sind, sollen nun im Sinne einer ökologischeren und lebenswerteren Zukunft demontiert werden.

So trat der aktuelle Oberbürgermeister von Hannover, Belit Onay, seine Kandidatur vor vier Jahren mit dem Versprechen an, den Autoverkehr im Zentrum seiner Stadt bis 2030 radikal zu reduzieren.

Der Stadtrat billigte das Vorhaben und inzwischen ist auch klar, wie genau die Umgestaltung aussehen soll. Dabei ist davon auszugehen, dass die Pläne auch überregional große Beachtung finden dürften, denn in Hannover wird groß gedacht.

So soll die Innenstadt innerhalb des Cityrings in Zukunft „nahezu autofrei“ werden, um dadurch mehr Platz für Fußgänger, Radfahrer und dem Nahverkehr zu schaffen.

„Autofrei heißt: Es ist kein Auto zu viel in der Stadt“, betont Onay. Zwar soll die Innenstadt auch weiterhin mit dem Auto erreichbar blieben, der Durchgangsverkehr jedoch unterbunden werden.

Außerdem werden öffentliche Stellplätze in und an den Straßen „bis auf wenige Ausnahmen“ abgeschafft, so dass künftig nur noch in Parkhäusern geparkt werden kann. Private Stellplätze können von den Anliegern aber immer noch erreicht werden, auch der Taxi- und Lieferwagenverkehr kann weiterhin stattfinden.

Onay laut einer Mitteilung: „Für diejenigen, die aufs Auto angewiesen sind, wird es zukünftig leichter, in die Stadt zu kommen, weil es weniger konkurrierenden Autoverkehr gibt – aber insgesamt wird die Zahl der Stellplätze nach und nach deutlich reduziert.“

Konkret werden Straßen in der Altstadt für den allgemeinen Autoverkehr gesperrt, die Tunnel am Hauptbahnhof nur noch für Radfahrer und Fußgänger zu durchqueren sein, wobei einer auch vom ÖPNV genutzt werden kann.

Dort, wo der Kraftwagenverkehr weiterhin erlaubt ist, soll außerdem „möglichst überall Tempo 20 oder maximal Tempo 30“ gelten.

Ferner will man die Innenstadt von Hannover zugunsten möglichst freier Rad- und Fußwege „weitgehend ampelfrei“ gestalten, sämtliche Straßen innerhalb des Cityrings sollen nur noch einen Streifen pro Richtung haben und mehr Flächen für Radabstellplätze, Sharing-Angebote, On-Demand-Verkehre und den Lieferverkehr ausgewiesen werden. Zudem möchte man mehr Querungen über den Cityring schaffen, um die Innenstadt und umliegende Wohnquartiere besser miteinander zu verbinden.

Nachdem man in den letzten Jahren in Form sogenannter „Experimentierräume“ verkehrsberuhigte Bereiche getestet hatte, erklärte Onay nun: „Die Zeit der Experimente ist vorbei. Jetzt geht es an die Umsetzung.“

Diese soll bis 2030 abgeschlossen sein. Mitte 2024 will man von daher nach Beschlussfassung mit den ersten Umbauarbeiten etwa in der Schillerstraße, Georgstraße, Prinzen- und Joachimstraße loslegen.

Quelle: spiegel.de